Vom Spiritual Punk zum urbanen Schamanen
Stefan Trumpf ist Trainer, Autor und Sprecher und hat mir vor einigen Jahre sehr hilfreich als Coach zur Seite gestanden. Umso mehr freue ich mich, dass er sich meinen Schlüsselfragen zu seiner Arbeit gestellt hat. Herzlich willkommen Stefan!
Stefan, wir haben dich als den Punker der spirituellen Szene kennen- und lieben gelernt,
jemand der sich ungeniert über „weichgespültes Eso-Blabla“ und „rosarote Zuckergusssauce der Licht & Liebe Fraktion“ ausliess.
Jetzt hast du ein Buch geschrieben: „Gespräche mit einem Schamanen“.
Was ist passiert? Da scheint ja ein Sinneswandel stattgefunden zu haben, ist der Spiritual Punk erwachsen und ernst geworden?
Hahaha! Gleich eine ganz knifflige Frage zu Beginn? Sehr gut.
Erwachsen werde ich hoffentlich nie so wirklich, denn ich wünsche mir den kindlichen, unverstellten Blick auf manche Dinge bewahren zu können.
Ein Sinneswandel hat mitnichten stattgefunden. Ernst war ich eigentlich schon immer. Und in dieser Ernsthaftigkeit habe ich mein Buch geschrieben.
Du spielst aber mit Deiner Frage vermutlich auf den Begriff des Schamanen an, der ja in der ESO-Szene auch gerade voll im Trend liegt.
Für mich ist ein Schamane ein Übersetzer dessen, was aller Spiritualität zugrunde liegen sollte:
SPIRIT, also der eine Geist, der uns alle beseelt, ganz gleich, wie wir ihn nennen.
Gilt es noch immer die Menschen von der Einhornschiene runterzuholen und Spiritualität alltagstauglich und zeitgemäß zu machen – so ganz ohne Glitzer und esoterische Sinnsprüche?
Unbedingt! Mehr denn je erlebe ich, dass es in der ESO-Szene hauptsächlich um Ablenkung geht, und darum, sein Ego zu füttern.
Manch einer ist mit seinem Leben nicht zufrieden und sucht sein Heil in den Botschaften und „Coaching“ irgendwelcher Gurus und Trainer, die ihn oder sie mit Scheinidentitäten und Platitüden füttern, die das vermeintlich so sinnentleerte Leben erträglicher machen. Und, hey, sind wir ehrlich, es klingt doch toll, wenn wir unsere Seele gestreichelt bekommen, weil wir insgeheim schon immer gewusst haben, dass wir hier sind, um Jesus beim jüngsten Gericht, den Kelch zu reichen etc.
Wo aber bleibt dabei echte Erkenntnis?
Wo bleibt die Alltagstauglichkeit dessen, was da in die Köpfe der Schäfchen gepustet wird?
Was nützt mir meine „Superheldenidentität“, wenn ich abends frustriert in der Straßenbahn sitze und mir mein Alltag immer noch sinnlos erscheint?
Wo sind die Werkzeuge, die mir es ermöglichen, nachhaltig glücklich zu sein?
Du bezeichnest dich jetzt als Schamane, betonst aber gleichzeitig dass du weder räucherst noch trommelst, auch keine Krafttiere zu Besuch hast – wie man es sich landläufig bei einem Schamanen so vorstellt – erklärst du uns, warum du dich dennoch als Schamane siehst?
Den Begriff des Schamanen hat mir mal jemand übergebraten, der meine Arbeitsweise erlebt hat und dann meinte: „Eigentlich bist Du ein Schamane!“
Denn ich arbeite sehr viel mit Reisen ins Unterbewusste und in den Raum, der uns alle eint.
Ich betrachte einen Schamanen – und letztendlich damit auch mich – als eine Schnittstelle und einen Wegweiser durch alle möglichen Realitäten. Dabei erläutere ich ausschließlich aus Erfahrung heraus und gebe nicht nur graue Theorien weiter, die ich mal irgendwo gelesen habe.
Ist das dann der „urbane“ Schamanismus?
Für Menschen, denen der direkten Kontakt zur Natur nicht ohne Weiteres möglich ist, oder die sich vielleicht im städtischen Millieu eher wohlfühlen?
Für mich ist es Zeit, dass der Schamanismus im 21. Jahrhundert ankommt.
Wir leben nicht mehr wie vor 1000 Jahren. Die Wissenschaft hat inzwischen viele Gebiete der Spiritualität und deren Techniken als wirksam belegt. Die Welt hat sich weiter gedreht und trotzdem arbeiten viele Schamanen immer noch mit Bildern, Methoden und Konzepten von anno dazumal.
Das hat nicht nur mit der Natur zu tun, sondern – wie Du sagst – eben auch mit unserem urbanen Leben.
Für mich darf ein zeitgemäßer Schamane eben auch mit seinem Coffe To Go und seinem Laptop in einer WiFi-Zone sitzen und mit KlientInnen konferieren, die am anderen Ende der Welt sitzen, so wie ich das ja auch tue. Wir alle könnten Digitalnomaden sein, arbeiten wo wir gebraucht werden.
Die Zeiten der Jurte am Waldrand sind vorbei.
Was meinst du damit, wenn du von der „Blaupause des Lebens“ sprichst?
Es gibt etwas, was allem zugrunde liegt, aus dem alles entspringt, auch wir, das ist die Blaupause des Lebens.
Du hast ein M-Training in´s Leben gerufen – ein Kurs nur für Männer – gibt´s denn in der Spiritualität so große Unterschiede zu uns Frauen?
Für mich schon. 80% aller spirituellen Kurse, Workshops etc. werden von Frauen besucht und gehalten. Nur wenige Männer fühlen sich berufen, dem Ruf zu folgen und (ihre) Spiritualität zu entdecken, geschweige denn, zu lehren.
Das liegt vermutlich daran, dass Spiritualität mit den Auswüchsen der ESO-Szene verwechselt wird. Männern ist Spiritualität oft peinlich, weil sie gar nicht wissen, was das eigentlich wirklich ist.
Männer und Frauen sind verschieden, das wird hoffentlich niemand bestreiten. Es geht nicht darum in Klischees zu verfallen, von Männer die nicht zuhören, und Frauen, die nicht einparken können. Meine Frau kann das sehr gut. Und ich halte mich auch für einen passablen Zuhörer…
Aber trotzdem ticken wir Männer eben anders und ich biete den Männern an, herauszufinden, wie sie eben ticken. Fernab von Lagerfeuern, Bier und Fussballplätzen.
Wir Männer können mehr, wissen mehr und vor allen Dingen: Männer müssen keine besseren Frauen sein und umgekehrt.
Man kann dich für Seminare buchen – Erlebniswochenenden – was wird an diesen Wochenenden erlebt? Welche Themen hast du im Gepäck?
So viele, wie die TeilnehmerInnen aushalten. Hahaha!
Wir werden uns tatsächlich über Raum und Zeit unterhalten, über Erfahrungen und was sie mit unserer Realität zu tun haben. Wir sprechen über Achtsamkeit, Einheitserfahrungen, Moleküle und Atome, Meditation und Erleuchtung.
Aber wir werden nicht nur darüber sprechen, wir werden all das erlebbar machen. Es ist eine gesunde Mischung aus Vortrag, Diskussion, praktischen (evtl. auch kreativen/künstlerischen) Übungen und Meditationen.
Es soll kurzweilig sein.
Wir bauen auch immer wieder Pausen ein, damit alles verarbeitet werden kann.
Und ganz bestimmt hast du doch auch was für die Männer dabei, oder?
Da ich an diesem Wochenende Wissenschaft und spirituelle Erfahrung unter einen Hut bringe, bin ich absolut sicher, dass auch die Männer voll auf ihre Kosten kommen werden. 🙂
Und was werden die Besucher am Ende des Tages mit nach Hause nehmen können?
Nachhaltigkeit! Das, was die TeilnehmerInnen mitnehmen können, ist nicht nach drei Tagen wieder verpufft und wird als schöne Idee oder Theorie abgelegt, denn das, was erfahren wird, wird sich nachhaltig und hartnäckig festsetzen und es wird eine neue, vereinfachendere Sicht auf das Leben entworfen.
Das Universum IST einfach. Das Leben IST einfach. Nach diesem Wochenende weiß jede(r) warum.
Herzlichen Dank Stefan! Da wollen wir ja mal hoffen, dass es mit dem Seminarwochenende im Frühjahr 2019 in Bad Tölz klappt!
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